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Meeresschutz, eine Option für alle
Das vorgeschlagene Endprojekt wird eine Bestandsaufnahme der Arten und eine Lebensraumanalyse sowie Empfehlungen für einen idealen Schutz des Meeres vor El Hierro umfassen.
Oceana hofft, mit dieser Initiative die spanische Regierung dazu zu bringen, zu ihrem Versprechen, den marinen Lebensraum zu schützen, zu stehen. Diese Zugeständnisse kämen keinen Moment zu früh, obwohl es im letzten Jahrzehnt einige Schutzmaßnahmen gab. Diese haben dazu geführt, dass sich Badegäste an der Mittelmeerküste beispielsweise nicht mehr zwischen Plastiktüten und dubiosem schwimmenden Undefinierbarem tummeln müssen. Allerdings ist die Pflege der Strände, um sie touristenfreundlich zu machen, nicht unmittelbar aus Umweltschutzgründen getroffen worden, sondern basiert eher auf einem banalen Geschäftssinn. Urlauber mögen saubere Strände und der Aufräumeffekt hatte in dieser Sommersaison mit dem Slogan „Besuchen Sie unsere sauberen Strände“ mit magischer Kraft gewirkt. Spanien profitierte dabei zusätzlich von der Terrorismus-Paranoia.
Die Kehrseite der Medaille
Spanien hat aber auch sein wahres Gesicht gezeigt. Zum Beispiel, als die spanische Regierung 2014, trotz heftiger lokaler Proteste, Repsol eine Lizenz für Probebohrungen vor der Küste von Lanzarote und Fuerteventura erteilte. Auch der Schutz der Bohrschiffe durch Militär und die Attacke auf ein Schnellboot, wobei eine italienische Aktivistin verletzt wurde, passen da nicht ins Bild. Im Gegenteil, es sieht eher nach einer brutalen Missachtung der Umwelt zugunsten des Profits aus. Glücklicherweise wurden die Bohrungen abgebrochen, weil die Ölquellen im Meeresboden weder in der Quantität, noch in der Qualität den Erwartungen entsprachen. Die Kanaren atmeten auf und das Monster „Ölbohrung vor den Kanaren“ ist endgültig vom Tisch. Alle Fristen zur Wiederaufnahme der Bohrungen sind abgelaufen.
Gemeinsamer Einsatz
Um dem Ziel eines Schutzgebietes vor El Hierro näherzukommen, sollen Informationskampagnen gestartet werden, die mit Wissen und Bildern aus der Unterwasserwelt überzeugen. Das Bildmaterial stammt von der Expedition von vor zwei Jahren. Das Projekt wurde mit der Unterstützung der Stiftung für Biovielfalt am Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt entwickelt. Der Unterwasserroboter ROV half, die unbekannte Unterwasserwelt zu erforschen und Argumente für das Schutzreservat zu liefern. Der Status Mariner Nationalpark ist die höchstmögliche Schutzkategorie. „Die Verbreitung von wissenschaftlichen Informationen ist ein wichtiger Schritt, um einen Konsens zum Schutz biologisch wertvoller Gebiete zu erreichen“, erklärte der Direktor von Oceana in Europa, Ricardo Aguilar. Er plädiert für den maximalen Schutz der Gewässer rund um El Hierro wegen ihrer einzigartigen Biovielfalt, insbesondere im Mar de Las Calmas vor der Südspitze. Das Territorium gehört zum zentralatlantischen Makaronesien, zu dem die Kanaren, die Azoren, Madeira und die Kapverden zählen. Sowohl über als auch unter der Wasseroberfläche sind die Inseln im Ozean etwas Besonderes, denn die geografische Lage mit ihren Eigenheiten sorgt dafür, dass sie sowohl lokalen einheimischen Meeresbewohnern wie auch zahlreichen migrierenden Arten, darunter Haien, Meeressäugern und Meeresschildkröten optimale Bedingungen bieten. Die verschiedenen Substrate, Lebensräume zwischen tropischen und gemäßigten Temperaturen und sogar in unmittelbarer Küstennähe, abrupt abfallender Meeresboden, der Meerestiefen von bis zu drei Kilometer zur Folge hat, führen zu einer außergewöhnlichen Artenvielfalt. Viele dieser Tiere sind extrem verletzlich oder nur sehr selten an anderen Orten anzutreffen.
Einsichten vor Ort?
Die Einwohner von La Restinga auf El Hierro konnten kürzlich das Expeditionsmaterial und das Ergebnis sichten, auf dem das Projekt der marinen Schutzzone MNP basiert. Für die Insel und insbesondere den Ort La Restinga würde die Bewilligung eine große Aufwertung bedeuten. Die Tauchindustrie würde einen noch größeren Schutz des Meeres Mar de Las Calmas natürlich begrüßen. Lokale Fischer brauchen eventuell noch etwas mehr Überredungskunst und vor allem Einsicht, um sich der Initiative anzuschließen. Gemäß der Internationalen Union zum Schutz der Umwelt (IUCN) wäre es „ein klar definierter geografischer Raum, der dem langfristigen Schutz der Natur und der damit verbundenen Ökosysteme und kulturellen Werte dient“. Oceana erforscht und klassifiziert marine Lebensräume in der Biskaya-Bucht, im Mittelmeer und im Atlantik. Die Mitarbeiter identifizieren und katalogisieren Gegenden, die vor Grundnetzfischerei, Vergiftung, Verankerung im Seegras oder vor illegaler Fischerei geschützt werden müssen. Die analysierten Daten werden zu Gesamtkonzepten zusammengetragen, die Maßnahmen zum Schutz und zur Erholung von Meeresgebieten beinhalten. Die Umweltschutzvereinigung ist davon überzeugt, dass es geschützte Meeresgebiete geben muss, um den Verlust wichtiger Ökosysteme zu stoppen. Dazu zählen manchmal auch unbeliebte Maßnahmen, wie die Einschränkung der Fischereiaktivitäten, die natürlich bei den Betroffenen auf wenig Gegenliebe stoßen.
Was bedeutet ein mariner Nationalpark?
Schon 2011, dem Jahr, in dem der Unterwasservulkan ausgebrochen war, hatte Oceana den besonderen Schutz dieses Reservats gefordert. Drei Jahre später, 2014, wurde El Hierro zur ersten Insel weltweit, deren Energiebedarf ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen gespeist wird. Einzigartig, auch aus Sicht der Umweltschützer. „In marinen Nationalparks ist der Schutz mariner und küstennaher Gewässer gewährleistet. Aktivitäten müssen ausgewogen und nachhaltig sein. Die Anwohner akzeptieren und respektieren die Schutzgebiete. Diese Akzeptanz zu erreichen, spielt in den Projekten eine Schlüsselrolle. Auf den Kanaren ist die Fischerei seit Jahren rückläufig. Drei nebeneinander vertäute Thunfischboote, wie sie früher häufig anzutreffen waren, sind eher selten geworden. Wer in einer Fischerbar nachfragt, wird viele Antworten bekommen. Schuldige gibt es zuhauf. Und gerne wird die Schuld bei Umweltfragen auf die anderen geschoben, anstatt sich selbst an die Nase zu fassen. Dabei war es für Fischer ganz normal, ihren Müll im Meer zu entladen, ihre Treibstofftanks auszuspritzen, Benzin oder andere Toxine abzulassen oder Delfine zusammenzutreiben, um sie zu fangen, weil sie ihnen beim Fischfang Konkurrenz machten. Im gleichen Maße, wie die Fischindustrie in La Restinga zurückging, boomte die Tauchindustrie. Des einen Leid ist des anderen Freud. Aber es gibt eine gemeinsame Lösung. Denn die marinen Naturschutzparks, MNP, sind auf lange Sicht für alle lukrativ und innerhalb der Schutzmaßnahmen können alle von den positiven Ergebnissen profitieren. Auch auf der Nachbarinsel La Gomera sind ehemalige Fischer heute sehr erfreut, wenn sie Besuchern bei ihren Ausfahrten Delfine zeigen können und sehen, wie glücklich viele Menschen bei deren Anblick sind. Wer sich für die Studie und Projekte von Oceania interessiert, kann sich über die Webseite www.eu.oceana.org informieren. Umweltschutz geht alle an und Ignoranz hat auf lange Sicht bisher immer nur geschadet. Offen für neue Wege und Lösungen zu sein, die im Einklang mit der Natur stehen, können sich dagegen langfristig nur positiv auswirken. n