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Anno 1868 begann man mit der Restauration des Gebäudes und schuf das heutige Rathaus. Der Neubau wurde von Ingenieur Pedro Maffiote unter dem kreativen Einfluss des damals bekannten Architekten Manuel de Oraá realisiert. Erstmals wurden neoklassizistische Elemente in die Baugestaltung und die Außenfassade integriert.
In der damaligen Zeit kündigte diese neue Bauweise Modernität an und erregte Aufsehen. In der Vergangenheit waren in diesem Bau unter anderem eine Schule, der Sitz des Syndikats und andere öffentliche Einrichtungen untergebracht. Zuletzt wurde das Rathaus 1991 einer gründlichen Restaurierung unterzogen. Nicht nur von außen, sondern auch im Inneren gleicht es eher einem Museum als einer Verwaltungsstätte. Das Hauptportal in der Mitte des Gebäudes gibt den Blick auf einen beeindruckenden Treppenaufgang frei, der zum Bürgermeisteramt und anderen Verwaltungsabteilungen führt. Wertvolle Böden und Decken aus Tea sowie anderen alten Holzarten wurden erhalten. Kunstvolle Kronleuchter und antikes Mobiliar stammen aus dem ehemaligen Casino La Orotavas. Darunter verstand man damals keine Spielstätte, sondern es war ein Ort, an dem sich das Volk zu Festen, Tänzen und gepflegten Treffen versammelte. Nach dessen Auflösung wurden die antiken Wertgegenstände in das Amtshaus integriert.
Die Wände zieren zahlreiche wertvolle Gemälde, die das Rathaus in der Tat eher als Kunstmuseum erscheinen lassen. Viele der Kunstwerke wurden hier von der spanischen Krone nach der Auflösung der spanischen Kolonialmacht auf den Philippinen deponiert.
Neben Gemälden des Pra-do-Museums in Madrid befinden sich auch Kunstwerke der neueren Zeit an den Wänden, die La Orotava zum Teil von dem holländischen Sammler und Bürger der Stadt, R.E.Schoenaerk, vererbt wurden. Edle Wandteppiche, die von der Webkunst Valencias im 18. Jahrhundert zeugen, zieren die Flure. Der antike Sitzungssaal, der für Besprechungen, Pressekonferenzen und Plenarsitzungen genutzt wird, weist direkt hinunter auf den Rathausplatz.
Das Zentrum dieses Saals ist das Stadtwappen La Orotavas, das vom spanischen König Alfonso XIII. anerkannt wurde. Zentraler Punkt ist ein riesiger Drachenbaum. Zur damaligen Zeit stand dieser Baum, der in aller Welt bekannt war, im Stadtgebiet (heute gibt es ihn leider nicht mehr). Es war übrigens der gleiche Baum, den Alexander von Humboldt während seines Teneriffabesuchs unbedingt sehen wollte.
Der sogenannte Drago war gleichzeitig ein Symbol für die Gärten der Hesperiden, die der Sage nach auf den Kanaren zu finden waren. Links und rechts im Wappen befinden sich zwei Drachen - sie stehen für die beiden Vulkane, die damals La Orotava umgaben. Heute sind sie nicht mehr aktiv, aber natürlich noch vorhanden. Der eine ist weithin bekannt, weil in den 90er Jahren dort ein Hotel errichtet wurde, das man bei der Anfahrt, links der Autobahn auf der Höhe von Puerto de la Cruz, schon von weitem sieht.
Auf dem Rücken des anderen ist das bekannte El Monasterio erbaut. Außerdem enthält das Wappen vier goldene Äpfel, die damals die vier Gemeinden der unmittelbaren Umgebung La Orotava Alto und Bajo, Los Realejos und Puerto de la Cruz, symbolisierten. La Orotava nahm in der Vergangenheit einen wichtigen Platz in der Geschichte ein. Es war nicht nur nach La Laguna die zweite Stadt, die als solche anerkannt wurde, sondern hatte auch seinen eigenen Gerichtsstand, was damals, im 17. Jahrhundert, ein besonderes Privileg war. Klöster, Kirchen und reiche Adelsfamilien sorgten für seinen schnell erblühenden Reichtum.
Heute ist La Orotava vor allem wegen seines historischen Stadtkerns und für sein Fronleichnamsfest mit dem gigantischen Sandteppich auf dem Rathausplatz bekannt. Eine Tradition, die die Presse aus der ganzen Welt anlockt und für Medienrummel sorgt. Im vergangenen Jahr erhielt die Stadt für diese vergänglichen Kunstwerke einen Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde.
Von Sabine Virgin