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Legende des Heiligen Michael
Im Jahr 493 widmete Papst Gelasius dem Erzengel Michael das erst im 9. Jahrhundert allgemein gewordene Michaelsfest am 29. September. Der Legende nach war 490 im Gargano-Gebirge bei Siponto in Süditalien der Erzengel zum ersten Mal vor einer Grotte erschienen und hatte verkündet, dass ihm hier ein Heiligtum errichtet werden solle. Ein zweites Mal erschien der „Führer der himmlischen Heerscharen“ im Jahr 492 dem Bischof von Siponto und versprach Hilfe, als dieser ihn um Schutz anflehte.
In der Nacht des 29. September offenbarte sich Michael ein drittes Mal und verkündete, dass er selbst die Grotte, bei der er das erste Mal erschienen war, bereits zu einer Basilika geweiht habe. Tatsächlich fand man über dem Eingang zur Grotte ein rotes Altartuch ausgebreitet. Seitdem gilt der Monte Sant’ Angelo im Gargano-Gebirge bei Siponto (Apulien) als Hauptheiligtum des Heiligen Michael, von wo aus sich sein Kult in ganz Eu-ropa verbreitete. Ein weiteres, sehr bekanntes Heiligtum ist auch das Mausoleum des Kaisers Hadrian in Rom, welches seit Papst Gregor dem Großen (590-604) „Engelsburg“ heißt, nachdem der Engelsfürst mit einem Schwert in der Hand über dem Mausoleum erschienen war, um die Pest von der Stadt abzuwenden.
Bronzeplastik des Erzengels Michael von Luis Morera und Natan Teutsch
In der bildenden Kunst wird der Erzengel Michael seit dem 10. Jahrhundert vor allem als kriegerischer Erzengel dargestellt: mit Schwert und Lanze kämpft der Heilige Michael gegen den Teufel und ist meist auf einem besiegten Drachen stehend als ritterlicher Jüngling zu sehen. Manchmal wird der Satan auch in menschlicher Gestalt dargestellt, wie es bei der in Tazacorte auf La Palma kürzlich eingeweihten Plastik zu sehen ist.
Dort steht er nun gegenüber der Plaza del Morro, vor dem Rathaus – auf einem Keramiksockel mitten in einem schön angelegten Springbrunnen – und stößt, auf einer Wolke schwebend den Teufel mit seiner Lanze in den Abgrund. Die Bronzeplastik misst in ihrer gesamten Höhe 3,7 Meter und präsentiert sich im klassischen Stil. Der Heilige Michael, der wie auch Luzifer in Lebensgröße dargestellt ist, trägt eine Kleidung, die von der Rüstung römischer Soldaten inspiriert ist. Auf seinem Schild prangen die lateinischen Initialen der Bedeutung seines Namens „Wer ist wie Gott“: Q S D = Quis sicut Deus. Der Satan, der sich gerade noch auf der Wolke halten kann, bevor er in den Abgrund stürzt, ist hier nicht als Drache, sondern in der menschlichen Gestalt des gefallenen Engels Luzifer – mit Hörnern, spitzen Ohren, langen Krallen und Teufelsschwanz - dargestellt. Die einzelnen Details sind naturgetreu wiedergegeben. So wurde die Fiederung der Flügel von Luzifer minutiös ausgearbeitet und die Ärmlinge des Heiligen Michael mit Kerbritzzeichnung präzise dargestellt, um die Echtheit des Leders möglichst realistisch zu imitieren.
Über den Herstellungsprozess der Bronzeskulptur
Die Entstehung dieser Bronzeplastik teilt sich in folgende Arbeitsvorgänge auf: die Herstellung der Tonskulptur im Atelier, die Abnahme des Gipsabdrucks vom Tonmodell und die Fertigstellung in der Gießerei.
Im Atelier wird eine Struktur aus Eisen für jedes einzelne Element der Plastik zusammengesetzt und außen mit einem Maschendrahtgitter umwickelt, welches man mit gut befeuchtetem Papier ausstopft. Darauf wird feuchte Tonmasse aufgetragen, die dann in Plastikfolie eingepackt wird, damit keine Feuchtigkeit verloren geht. Die Arbeit des Bronzegießers beginnt bereits im Atelier der Künstler: hier werden vom Tonmodell Gipsabdrücke (Stuckgips) genommen. Dann werden die einzelnen Elemente des Modells auseinander genommen (gesägt). In der Bronzegießerei setzt man die einzelnen Gipselemente des Negativabdrucks zusammen und füllt sie innen mit einer 1,5 cm dicken Wachsschicht aus. Der Gips wird nun vom Wachs abgelöst, so dass eine Positivform entsteht. Nun kommt das Wachsmodell in einen zweiteiligen, mit Silikatsand gefüllten Kasten, dessen beide Hälften zusammengeklappt werden. Der Silikatsandkasten wird mit Einguss- und Entlüftungskanälen versehen, um die Gase abzuführen. Nun kann die heiße Bronze hineingegossen werden. Nach dem Abkühlen wird der Rohguss dem Kasten entnommen. Nach einer speziellen Behandlung der Bronze wird durch Einwirkung einer Gasflamme über einen Oxidationsvorgang die gewünschte Farbnuancierung der Skulptur erreicht.
Avivarte – von der Berufung zum Beruf
Der vielseitig taltentierte Künstler Luis Morera wurde in den 70-er Jahren zunächst als Musiker bekannt. Mit seiner Gruppe „Taburiente“ ließ er alte Volksmusik wieder aufleben und wurde 2001 dafür sogar mit der „Medalla de Oro de Canarias“ ausgezeichnet. Als Krippenbauer hat er 15 Jahre lang die Krippe von Los Llanos de Aridane auf La Palma gestaltet. Kulturelle Anziehungspunkte für Touristen auf La Palma sind die von ihm gestaltete Plaza de La Glorieta in Las Manchas und der sich auf der Plaza de La Alameda in Santa Cruz de La Palma befindende Bronzezwerg. In der Malerei faszinieren nicht nur Luis Moreras Naturmotive, sondern auch seine Genrebilder, wie z.B. der Zyklus vom „Día de los Indianos“, welcher den Höhepunkt des Karnevals von Santa Cruz de La Palma bildet.
Mit seinem Künstlerkollegen Natan Teutsch, mit dem er vor ein paar Jahren das künstlerische Unternehmen „Avivarte“ gegründet hat, realisierte er den oberen Teil des Parque Botánico am Stadteingang von Los Llanos de Aridane. Luis Morera und Natan Teutsch sehen sich als „artistas empresarios“ (Berufskünstler), d.h. sie fühlen sich nicht nur zu Künstlern berufen, sondern üben ihre Berufung auch berufsmäßig aus.
Die Neugestaltung des Restaurants „Playa Mont“ in Puerto de Tazacorte, das Farbenprojekt der Häuserfassaden von Barlovento, die Umgestaltung der Plaza del Morro zusammen mit der Fassade des Rathauses von Tazacorte sind Projekte, die aus der Künstlerschmiede von „Avivarte“ stammen.
Die Bronzeplastik des Erzengels Michael wurde im Rahmen der Neugestaltung der Plaza del Morro im Auftrag der Stadtregierung von Tazacorte geschaffen.