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Hintergrund der Klage: Die 16-Jährige hatte das Video aus 70 Kinder-Fotografien hergestellt, die von der Klägerin gemacht worden waren. Das Video stellte das junge Mädchen nach Gerichtsangaben dann auf zwei verschiedenen Internetportalen ein.
Interessant an diesem Fall sind vor allem die jeweiligen Begründungen: Die Eltern hätten ihrer Tochter einen Internet-Zugang zur Verfügung gestellt und sie dort tun lassen, was sie wollte, argumentierten die Richter, das sei eine Verletzung der sogenannten „Belehrungs- und Prüfungspflicht“. Die Eltern dagegen führten an, dass ihre Tochter deutlich versierter im Umgang mit dem Rechner sei als sie selbst; im Übrigen sei es für Erziehungsberechtigte heute nahezu unmöglich, jede Internet-Aktivität der Kinder zu kontrollieren.
Dem folgte das Gericht allerdings nicht: Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimme sich „insgesamt danach, was verständige Eltern vernünftigerweise in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssen, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern“, so die Urteilsbegründung. Der Aufsichtspflichtige müsse sich demgemäß auch darum kümmern, womit sich die Kinder in der Freizeit beschäftigen und sie insoweit gelegentlich beobachten.
Der bayerische Elternverband übte nach Medienberichten scharfe Kritik an der Gerichtsentscheidung. Man könne die in diesem Fall geforderte Überwachung von den Eltern nicht verlangen, erklärte Verbandssprecherin Ursula Walter.
Die Entscheidung der Münchner Richter liegt auf einer Linie mit dem Landgericht Hamburg. Auch dieses war zu dem Schluss gekommen, dass Eltern Rechtsverstöße ihrer Kinder im Internet durch geeignete Maßnahmen und laufende Kontrollen verhindern müssten. Gegensätzliche Meinungen vertraten unter anderem das Oberlandesgericht Frankfurt und das Landgericht Mannheim. Die Rechtsprechung zur Aufsichtspflicht im Internet bleibt damit uneinheitlich.
Es stellt sich in diesem konkreten Fall allerdings in der Tat die Frage, wie genau eine Aufsichtspflicht aussehen soll, wenn das Kind deutlich mehr Wissen über das WWW besitzt als deren Eltern.
Darüber hinaus bemängeln User und Experten bereits seit geraumer Zeit, dass die rechtliche Situation rund ums Internet mehr als undurchsichtig sei. Zwar ist in dem aktuellen Fall die Rechtslage klar, in anderen jedoch herrscht ein Informationsfluss wie beim Urheberrecht bei weitem nicht.
Typisches Beispiel: Wer weiß schon, dass das Scannen oder Blockieren privater E-Mails von Angestellten mittels eines Virenscanners einen Verstoß gegen das Fernmeldegesetz darstellt? Generell sieht es so aus, als bräuchte das Internet mehr klare, transparente Regeln.
Dennoch gibt es natürlich ein paar Dinge, die Eltern beachten sollten, wenn es um die Nutzung des WWW durch ihre Kinder geht. Im konkreten Fall aus München hätten die Eltern zumindest eins tun können: Den Verlauf des Browsers kontrollieren. So bekommt man schnell einen Überblick, wo sich der Nachwuchs im Netz herumtreibt und kann, wie bei der vorliegenden Urheberrechtsverletzung, gegebenenfalls rechtzeitig aktiv werden.
So sind sich Experten einig, dass eine zeitliche Beschränkung der täglichen Surfzeit durchaus Sinn macht. Denn die Gefahr, dass vor allem schüchterne, zurückhaltende Kinder die relative Anonymität des Netzes dem echten Leben vorziehen, ist nicht zu unterschätzen. Dazu gehört jedoch auch, dass die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und nicht selber Stunde um Stunde vor dem Monitor verbringen.
Ein weiteres Risiko sind gewaltverherrlichende, volksverhetzende und pornografische Seiten. Hier leisten spezielle Filterprogramme gute Dienste, die auf bestimmte Schlagworte reagieren und die Seite dann blockieren.
Solche Filterprogramme sind allerdings nutzlos, wenn es um Mails oder Chats im Netz geht. Hier hilft nur, mit den Kindern bestimmte Verhaltensregeln klar abzusprechen. So dürfen private Daten wie Adresse, vollständiger Name und Geburtstag nie im Internet preisgegeben werden. Sinnvoll ist daher eine E-mail-Adresse mit einem unverfänglichen Nickname. Eltern sollten ihre Kids auch für den Umgang mit verdächtigen Mails und Chat-Fragen sensibilisieren.
Vor allem, wenn ein anonymer Surfer plötzlich ein persönliches Treffen vorschlägt, ist höchste Vorsicht angesagt. Sinnvoll kann es auch sein, dass Eltern sich automatisch in den Verteiler der Mails für den Nachwuchs eintragen lassen. So bekommen sie zeitgleich deren elektronische Post und haben die Chance, auf verdächtige Mails reagieren zu können.
Diese Maßnahme bedingt allerdings ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Kindern und Eltern – es sollte selbstverständlich sein, dass Mails von Freunden und Bekannten des jungen Users nicht gelesen werden. Schließlich haben auch Kinder ein Recht auf ihre persönlichen Geheimnisse.
Von Andrea Rink