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Die Bakterien können sich nach einer Infektion im gesamten Organismus ausbreiten und dabei jedes Organ und Gewebe in Mitleidenschaft ziehen. Die Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Infektion in Europa. Während es gegen den FSME-Virus mittlerweile einen Impfstoff gibt, sind Menschen dem Borreliose-Bakterium mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt. Für Hunde gibt es zwar eine Impfung, die allerdings ist umstritten. Das Bakterium wird im Gegensatz zum FSME-Virus nicht beim Vorgang des Blutsaugens direkt übertragen, sondern über die Ausscheidungen der Zecke, da es sich im Darm der Zecke vermehrt. Eine schnelle Entfernung der Zecke mithilfe einer speziellen Zeckenzange oder -Pinzette kann eine Infektion deshalb zwar nicht sicher verhindern, dennoch nimmt das Übertragungsrisiko mit der Dauer des Saugakts erheblich zu. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC hat eine Haftdauer von 36 bis 48 Stunden angegeben, die für die Übertragung des Bakteriums in der Regel notwendig ist, andere Quellen sprechen von 12 bis 24 Stunden. Besonders häufig werden Menschen deshalb von unreifen Zecken infiziert, da diese sehr klein sind und häufig übersehen werden. Bei der Borreliose handelt es sich um eine Multisystemerkrankung, die verschiedene klinische Stadien durchläuft und mit lang anhaltenden Funktionsstörungen in den betroffenen Organsystemen einhergehen kann. Das Erscheinungsbild der Erkrankung ist vielfältig und alle genannten Symptome können einzeln, wechselnd oder auch gemeinsam auftreten.
Charakteristisch für das Frühstadium ist das sogenannte Erythema (chronicum) migrans. Dabei handelt es sich um eine sich langsam kreisförmig ausbreitende, scharf abgegrenzte, schmerzlose Rötung, die sich aus einem roten Knötchen an der Einstichstelle entwickelt. Häufig kommt es im weiteren Verlauf zentral zu einer Abblassung. Ausgehend von der Stichstelle kommt es auch zu Lymphknotenschwellungen. Zusätzlich werden unspezifische grippeähnliche Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber, Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen sowie eine Bindehautentzündung beobachtet.
Zusätzlich zu den unspezifischen Krankheitszeichen, wie sie auch für Stadium I typisch sind, kommt es zum Befall des Nervensystems mit brennenden Schmerzen (häufig in Nähe des Zeckenstichs). In über 90 Prozent der Fälle kommt es zu asymmetrischen, unsystematisch verteilten schlaffen Lähmungen (oft ist der Nervus Fazialis, der wichtige Gesichtsmuskeln versorgt, betroffen), in über 60 Prozent der Fälle auch zu sensiblen Ausfällen (Missempfindungen, wie z.B. Kribbeln). Außerdem gibt es meningitische bzw. mengingoenzephalitische Verlaufsformen mit Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit, die hauptsächlich bei Kindern beobachtet werden. Selten kommt es zum Befall des Herzens mit Herz-Rhythmus-Störungen und einer Beeinträchtigung der Pumpleistung. Selten sind auch Hautmanifestation als bläulich-roter Knoten vor allem am Ohrläppchen, an den Brustwarzen oder am Hodensack.
Im Stadium III kommt es zu einer schubweise verlaufenden Gelenkentzündung, der sogenannten Lyme-Arthritis. Die Kniegelenke sind am häufigsten betroffen, danach folgen in abnehmender Häufigkeit die Sprunggelenke, die Ellenbogen-, Finger-, Zehen- und Handwurzelgelenke sowie die Kiefergelenke. Ein weiteres Kennzeichen ist eine Hautentzündung. Diese ist charakterisiert durch eine Verdünnung mit bläulicher Verfärbung der Haut, sowie häufig einem Gelenk- und Nervenbefall an den betroffenen Extremitätenabschnitten. Sehr selten kommt es zu einer chronischen Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten mit sensiblen und motorischen Ausfällen, im Extremfall Lähmungen zweier oder aller Extremitäten. Die Borreliose kann in der Regel gut mit Antibiotika behandelt werden. Da Borrelien sich in kurzer Zeit über den ganzen Körper ausbreiten können, ist eine frühzeitige Therapie wichtig. Darüber hinaus muss genügend hoch dosiert werden und die Therapie über längere Zeit fortgesetzt werden, damit zuverlässig alle Erreger abgetötet werden und es nicht zu einem Rückfall kommt.
Von Andrea Abrell