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(Quelle: Wikipedia)
Kaum eine Nutzpflanze hat je eine solch umstrittene Bedeutung erlangt, wie der Hanf. In Deutschland und in anderen Ländern gilt Cannabis als illegale Droge, wird lediglich auf ärztliches Rezept zu Heilzwecken zugelassen. In weiteren Ländern gehört der Konsum zur Kultur. Spanien steht zwischen diesen beiden Extremen und gestattet den Konsum, verbietet aber den Handel. Eine verzwickte Situation und eine Quelle für Kriminalität und illegales Handeln.
Um dem aus dem Wege zu gehen und aus der Illegalität herauszukommen, haben sich in den letzten Jahren Clubs der Konsumenten des Cannabis gebildet. Wir sprechen heute mit einem Gründer eines solchen Clubs auf den Kanaren, dem Club Social de Consumidores de Canabis TFS. Mein Gesprächspartner ist Stephan.
• Stephan, wie sieht die Situation für die Konsumenten von Cannabis auf den Kanarischen Inseln aus?
Konsumenten von Cannabis findet man in allen Schichten der Bevölkerung: Es gibt Arbeitslose, Mediziner, Anwälte, Familienväter, Mütter, werdende Mütter, Rentner... Das ist wie ein Spiegelbild der Gesellschaft. In Spanien insgesamt ist der Konsum von Haschisch traditionell sehr hoch, das kommt noch aus der Zeit der arabischen Besetzung. Und im arabischen Leben gehört Haschisch dazu, wie eine Flasche Wein in Deutschland oder Österreich. Dadurch ist der Konsum hier viel höher. Viele Menschen, vor allem auch ältere Spanier, konsumieren Cannabis. Dadurch, dass es hier ein Teil der Kultur war, durch die arabische Besetzung, sind hier in jeder Altersstufe mehr Konsumenten zu finden. Deshalb wird dieses Thema auch hier anders gehandhabt, als zum Beispiel in Deutschland. Es wird hier nicht so sehr als Droge gesehen, sondern mehr als „hierba buena“. Und für die Kanaren gilt das noch mehr, weil sie sich auch vom spanischen Festland absetzen wollen.
• Welche gesetzlichen Beschränkungen bzw. Möglichkeiten zum Konsumieren von Cannabis gibt es hier?
Das einzige, was in Spanien verboten ist, ist der Verkehr mit Marihuana, also verkaufen und kaufen. Im Gegensatz dazu ist der Anbau für den Selbstgebrauch erlaubt. Und laut spanischem Gesetz kann man die Leute nicht unterschiedlich behandeln, ob das nun jemand aus Genussgründen konsumiert oder weil ihm das der Arzt empfohlen hat. Diese Grauzone ist es, die es uns erlaubt, einen solchen Cannabis-Club zu eröffnen und legal zu betreiben. Also es sind die zwei Säulen: der Anbau für den eigenen Gebrauch und das Prinzip der Gleichbehandlung von Patient und Genießer. Dadurch, dass ich für mich selber anbauen darf, darf ich im geschlossenen Kreis auch für die Gruppe anbauen. Genau das ist der Punkt. Der Club hat Angestellte die sich um das Anbauen von Cannabis kümmern. Nur aus diesem Anbau wird das Cannabis unter den Mitgliedern verteilt. So garantieren wir auch eine gleichbleibende Qualität, die wir dann zum Unkostenbeitrag verteilen, zuzüglich 1,50 Euro, um die Kosten für die Klubräume aufzubringen. Dadurch, dass dies im geschlossenen Kreis passiert, ist es legal.
• Cannabis steht ja nicht nur wegen der kriminellen Beschaffung allgemein in schlechtem Ruf, sondern auch wegen seiner Gefährlichkeit als Droge.
Also ich muss voranstellen: Cannabis ist nichts für Kinder. Deshalb müssen unsere Mitglieder auch ein Mindestalter von 25 Jahren haben. Das Gesetz sagt 18 Jahre, aber wir haben uns im Club für 25 Jahre entschieden. Es ist erwiesen, dass die Einnahme von Cannabis im Kinder- und Jugendalter dazu führt, dass man in der Entwicklung zurück bleibt und das Wahrnehmungsvermögen gestört wird. Für Kinder ist das überhaupt nichts. Wenn wir jetzt aber den medizinischen Part nehmen, zum Beispiel einem Krebskranken seine Chemotherapie ohne Schmerzen oder Erbrechen zu erleichtern, oder wenn ein an Tourett-Syndrome Erkrankter ohne jegliche Ticks eine Firma auf die Beine stellen kann, dann hat das, glaube ich schon, einen großen medizinischen Nutzen. Leider wurde auf diesem Gebiet viele Jahre nicht geforscht, weil dieses Thema verboten war beziehungsweise Cannabis als Rauschgift behandelt wurde. In den 1970er Jahren wurde wieder angefangen mit der Erforschung von Cannabis für medizinische Zwecke. Es ist unglaublich, wie man bei manchen Krankheiten die Chemie durch Cannabis, also durch Natur ersetzen kann. Das beste Beispiel ist wirklich Krebs. Krebs geht uns alle an und ist allgegenwärtig. Und wenn es etwas gibt, das die Chemo- diese wirklich krasse Therapie für den Menschen aushalten lässt, ohne irgend welche Beschwerden, allein schon deswegen sollte man das weiter erforschen. Aber es geht natürlich noch weiter. Es hilft gegen Schmerzen, gegen Rheuma, Multiple Sklerose... Es wurde bereits viel entdeckt.
• Wann ist dieser Club der Consumer in Los Cristianos gegründet worden und welches Anliegen habt Ihr?
Die Antragspapiere haben wir im April 2011 abgegeben und genehmigt wurde er am 23. Februar 2012. Seitdem besteht der Club. Das Lokal selbst haben wir im Mai angemietet und jetzt sind wir am Renovieren und Aufbauen.
Unser Anliegen ist eigentlich die Legalisierung und Normalisierung des Konsums von Marihuana. Marihuana dürfte keine Substanz sein, die verboten sein sollte, da es keine Droge in dem Sinne ist. Cannabis weist eher die Charakterzüge eines Genussmittels auf.
Unser Anliegen ist es eben auch, dass man nicht in der dunklen Ecke kaufen muss und etwas bekommt oder nicht bekommt. Wir wollen das aus dem illegalen Bereich herausholen.
Auch wirtschaftlich gesehen: Es werden Millionen mit Cannabis umgesetzt. Wenn man allein dieses Geld, ausgehend von einer Legalisierung und Normalisierung, versteuern würde, könnte man einige Wirtschaftslöcher stopfen. Das wäre dann „neues“ Geld und keine Kürzung von Bereichen wie Erziehung, Bildung, etc.
• Welche Voraussetzungen gibt es, um Mitglied zu werden? Wie viel Mitglieder habt Ihr bereits?
Also man muss entweder bereits Konsument sein, oder der Arzt sollte dazu geraten haben, Cannabis zu konsumieren. Zudem muss man mindestens 25 Jahre alt sein, wie ich vorhin schon sagte. Das sind die Voraussetzungen. Wir sind jetzt 45 Mitglieder. Vertreten sind Ärzte, Anwälte, Kindergärtner, Kellner, Politiker..., Spanier Deutsche, Franzosen, andere europäische Länder, Südamerika..., also aus allen Gesellschaftsschichten dieser Insel.
• Wie viel Clubs gibt es auf den Kanaren?
Auf Teneriffa gibt es fünf Clubs, wobei wir der einzige im Süden sind. In der CANAFAC (Federación de Asociaciones y Usuarios de Cannabis en Canarias), dem Dachverband der Clubs mit Sitz auf Lanzarote, der dieses Jahr im Juni gegründet wurde, haben sich ca. 20 Clubs der Kanarischen Inseln zusammengeschlossen. Allerdings gibt es auch welche, die sich dem Dachverband nicht angeschlossen haben. Ich bekomme aber auch Anfragen aus La Gomera und aus La Palma, die ebenfalls Clubs gründen möchten.
Unserem Anliegen der Legalisierung und Normalisierung entsprechend haben wir als Standort unseres Clubs einen Ort mitten in Los Cristianos gewählt, am Paseo Marítimo, damit dieser Schritt einfacher fällt.
• Wo kommt das Gras her?
Es gibt zwei angestellte Gärtner im Club. Die bauen nur Gras an, die ganze Woche. Es ist eine Sechstagewoche und sie wechseln sich ab. Das, was die anbauen, wird im Club verteilt. Deshalb ist es wichtig, dass so viel angebaut wird, wie wir Mitglieder haben. Das wird dann immer aktuell berechnet. Wenn mal nicht genügend da sein sollte, dann muss man warten, vielleicht eine Woche, es kommt nichts von außen.
Dieses Thema ist hier auf den Kanaren allgegenwärtig, aber es unterliegt auch einem gewissen Tabu. So wie der Club eine Normalisierung und Legalisierung bestehender Verhältnisse anstrebt hoffen wir, mit diesem Gespräch etwas mehr Licht in die Angelegenheit zu bringen und damit vielleicht auch Diskussion anzuregen. Ich danke Stephan für die offenen Worte.
Von Dietmar A. Hennig
Kontaktadresse:
Club Social de Consumidores de Canabis TFS
C.C. Josebas, Paseo Marítimo, Los Cristianos
sonntags und montags geschlossen
Mobil: 665 820 984
Mail: stephan@cscctfs.com
www.cannabislegal.es